Temporärarbeit als Sprungbrett in die Festanstellung

26.04.2019

Jeder zweite ehemalige Temporärmitarbeitende, der nun eine Festanstellung hat, arbeitet für einen ehemaligen Einsatzbetrieb.

Nach dem Verlust der Arbeitsstelle beginnt für Betroffene eine kritische Übergangsphase ihrer Erwerbsbiographie. «Es steht viel auf dem Spiel.»  «Mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit geht Berufspraxis verloren, fehlen erforderliche Weiterbildungen, sinkt das Selbstbewusstsein und droht das Stigma der Langzeitarbeitslosigkeit.» Kein Wunder geben 70 Prozent der Temporärarbeitenden an, eine lange Phase der Arbeitslosigkeit schade in ihrem Beruf. Rund 240 000 Menschen – 57 Prozent der Temporärarbeitenden – befanden sich im Jahr 2018 in solch einer schwierigen Situation und suchten erfolgreich die Hilfe bei einem Personaldienstleister. Sie entschieden sich für Temporärarbeit, weil sie keine andere Stelle gefunden haben. Ein genauerer Blick zeigt: Knapp drei Viertel der Befragten war arbeitslos, wurde die Feststelle gekündet oder erhielt keine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags. Der persönliche Austausch mit dem Temporärbüro und der Antritt des ersten Einsatzes ist ein wichtiges Erfolgserlebnis in einer schwierigen Zeit.

Die Temporärstelle ist für Menschen, die eine andere Arbeitsform bevorzugt hätten, nicht das Ziel, sondern eine Brücke auf dem Weg in die Festanstellung. Vier von fünf dieser Temporärarbeitenden suchen eine Feststelle und möchten mit Temporärarbeit ihre Chance auf eine solche erhöhen. Ihre Hoffnung ist nicht auf Sand gebaut. 24 Monate nach Beginn der Temporärarbeitsphase haben 55 Prozent dieser Temporärarbeitenden die gesuchte Feststelle gefunden. 83 Prozent sind in den Arbeitsmarkt integriert, wenn flexible Arbeitsformen wie befristete Anstellungen, Temporärarbeit und Selbstständigkeit mitberücksichtigt werden. Die Temporärarbeitsphase ist dabei keine Zeit des Wartens, sondern des Lernens und der Neuorientierung am Arbeitsmarkt.«Berufserfahrung sammeln und das notwendige Wissen in einem passenden Job zu erwerben.» ist für eine 28-jährige temporäre Mitarbeiterin ebenso zentral wie der «Rat (des Personaldienstleisters) hinsichtlich Karriereplanung und Karrieremöglichkeiten.»Der Integrationserfolg der Temporärbranche ist für Personaldienstleister, Staat und Temporärarbeitende gleichermassen ein Gewinn. Für Personaldienst-leister sind die Stellensuchenden wertvolle Mitarbei-tende, die sie auf dem Weg zurück in die Feststelle begleiten dürfen. Für den Staat zahlt sich Temporärarbeit doppelt aus. Statt Unterstützungsleistungen zu gewähren, erhält er Steuern und Sozialabgaben. Für die Temporärarbeitenden ist die Stelle der grösste Gewinn. Sie sichert den Lebensstandard von 80 Prozent der Temporärarbeitenden, die eine andere Erwerbsform bevorzugt hätten und in ihrem Haushalt Hauptverdiener sind. Temporärarbeit bietet ihnen Gelegenheit, sich in Ruhe und ohne Druck auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren und lindert die psychischen Belastungen durch Stellenverlust und Arbeitslosigkeit. «Viele Stellensuchende motiviert die neue Perspektive, die wir ihnen bieten können.» – eine Aussage, die die Ökonomen Rafael Di Tella, Robert MacCulloch und Andrew Oswald (2003) bestätigen. In der Gesamtbevölkerung sind 20 Prozent mit ihrer Lebenssituation unzufrieden. Unter Arbeitslosen ist der Anteil mit 40 Prozent doppelt so hoch. Die Gründe: Menschen erfahren am Arbeitsplatz Anerkennung für ihre berufliche Leistung und finden eine Plattform für den sozialen Austausch. Teilnahme und Teilhabe am Wirtschaftsgeschehen geben ihrem Leben Sinn. Die Integration in den Arbeitsmarkt ist deshalb für viele gleichbedeutend mit der Integration in die Gesellschaft.